In jedem Leben gibt es Dinge, die endlich wegmüssen. Der Gedanke an den Abschied gehört zum Leben eigentlich dazu. Wie man damit umgeht, haben die meistens allerdings nicht gelernt, und der proaktive Umgang mit Abschieden will tatsächlich gelernt sein.
Gerade diese besondere Jahreszeit der Sonnenwende mit wenig Licht und dem Jahreswechsel vor der Brust eignet sich besonders gut, einmal unliebsame Gewohnheiten, Menschen und Stimmungskiller zu überdenken. Denn wir haben die Wahl und erheblichen Einfluss darauf, Dinge zu verändern – mehr als wir denken. Niemand sagt, dass das einfach ist, aber es ist möglich.
Nut Mut zur Klarsicht
In meinen Seminaren zum Thema positiver Kommunikationskultur sind immer wieder Menschen, denen die Möglichkeit des Abschiedsnehmens kaum bewusst ist. Die Gründe dafür sind vielfältig: Oft stecken wir in Prozessen, die wir für uns nicht hinterfragen. Dabei sollten wir uns viel öfter die Fragen stellen:
- Wollen wir das überhaupt?
- Entspricht das unseren Bedürfnissen?
- Wie können wir mit unserer Persönlichkeit und unseren Kompetenzen Einfluss nehmen?
Das sind die zentralen Fragen, die uns Antworten verschaffen, um uns ein positives Umfeld zu schaffen. Bevor wir gleich alles hinschmeißen, krank werden, uns demotiviert fühlen oder uns in Zynismus ergeben, können wir eine Liste mit den nervigsten Dingen anfertigen, die uns umgeben oder denen wir uns ausgesetzt fühlen. Eine Liste, die uns vor Augen führt, mit was wir uns umgeben, das uns nicht guttut; die uns klarmacht, was uns den letzten Nerv raubt. Die Liste der Energiediebe.
Energiediebe enttarnen
„Wo ist eigentlich mein Platz in der Welt? Wo gehöre ich hin?“ – Neben den etablierten gesellschaftlichen Rollen und Plätzen gibt es noch die innere Stimme, die seinen eigenen Platz sucht. Der Platz des unausgesprochenen Wohlfühlens, der uns Raum zum Krafttanken gibt. Diese Krafträume können Orte, Plätze oder Menschen sein. Daher ist es umso wichtiger, dafür zu sorgen, dass wir durch unsere Kraftquellen motiviert und angespornt blieben. Und auch logisch alles, was uns Energie raubt zu eliminieren, um Platz zu schaffen für Dinge und Menschen, die uns guttun. Dafür ist es erst einmal wichtig, in detektivischer Arbeit herauszufinden, in welchen Feldern sich unsere Energiediebe aufhalten.
Spontan fällt den meisten das Arbeitsumfeld ein. Warum viele mit ihrem Jobumfeld oder Jobbeschreibung unzufrieden sind, ist pauschal nicht zu beantworten. Statt zu pauschalisieren können wir hinterfragen, welche Dinge genau stören, und versuchen, Lösungsansätze dafür zu finden. Viele Unternehmen denken derzeit um. Work-Life-Balance ist kein Fremdwort mehr und, dass während des Wandels hin zu einem positiven Kulturmanagement vieles auf der Strecke bleibt, ist eher ein Aufmerksamkeitsdefizit. Diese Lücke gilt es aber sowohl von der Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmerseite her zu schließen. Definitiv eine Aufgabe, die alle angeht.
Ein Beispiel: Das Großraumbüro. Für viele ist es ein echter Energiekiller. Kann ich die Arbeit, die ich konzentriert machen muss, nicht vielleicht besser aus dem Homeoffice gestalten? Dann sollte das zu Diskussion gestellt werden – natürlich stets wertschätzend. Oder: Bin ich in der richtigen Abteilung, damit meine Kompetenzen wirklich zur Geltung kommen?
Menschen als Blockade
Neben dem Job, vielleicht auch beim Job, gibt es sie, die Menschen, die uns Energie rauben. Ein Treffen oder Telefonat mit Ihnen fühlt sich fast so an wie spontaner Akkuverlust. Was haben diese Menschen nur an sich, mag sich der eine oder andere Fragen. Nichts außer, dass sie uns nicht guttun. Warum auch immer ist eine ganz persönliche Frage an uns selbst. Vielleicht sind wir gerade nicht bereit zuzuhören, weil wir erschöpft sind und meiden bestimmte Kontakte. Vielleicht sind wir allergisch auf die Verhaltensweisen von bestimmten Menschen, die uns an etwas erinnern, an das wir nicht erinnert werden wollen. Oder wir wollen das Gejammer nicht aushalten, weil wir gerade in optimistischer Vorfreude auf etwas Neues sind.
Was oder welche Verhaltensweisen anderer uns auch stören, es hat immer etwas mit uns zu tun. Wird der Kontakt zu Menschen, die uns nicht gut tun, zu kräftezehrend, dann tun wir gut daran, einmal zu überdenken, was uns stört und ob es etwas mit uns zu tun hat. Und natürlich auch, ob wir es proaktiv verändern können. Ist die Antwort nein, so dürfen wir gerne einmal abwarten, was in reaktiven Zuständen passiert, um dann gegebenenfalls Abschied zu nehmen. Dies ist keine Anleitung zum radikalen Ausmisten, sondern eher ein Impuls, seine Energiediebe kennenzulernen und sich von ihnen möglichst fernzuhalten. Denn eines ist klar: Energiediebe rauben uns Energie, die wir für etwas Besseres einsetzen sollten.
Gewohnheiten und Laster eliminieren
Im neuen Jahr wird alles anders – Das wäre vielleicht zu viel des Guten. Schön ist es aber trotzdem, sich Vorsätze zu wählen. Ich bin ein großer Fan von Ritualen und praktiziere mit meinen Kunden immer eine Art Vorsatzritual, egal wann in welchem Kalendermonat. Sprich, was raubt mir am meisten Energie und was möchte ich loswerden? Ein Realitätscheck und Durchhaltevermögen sind da besonders gefragt. Langanhaltende Veränderungen gelingen nur, wenn wir es wirklich wollen und dafür Disziplin aufbringen. Wer schon mal eine Diät gemacht hat, weiß wovon ich spreche.
Leichter wird es mit eingebauten Kontrollmechanismen. So zum Beispiel einmal im Monat zu prüfen, ob man noch bei der Sache ist oder wie weit wir im Projekt fortgeschritten sind. Und vor allem: sich eher dafür zu loben, was man bereits geschafft hat. Das ist zielführender als stetig auf den möglichen Misserfolg zu schauen. Egal, ob unliebsame Laster oder Gewohnheiten, wir haben es in der Hand und meist mehr Einfluss auf Situationen als wir denken. Auch wenn es nicht auf Anhieb gelingt, wir sollten dranbleiben, damit aus Frust Lust werden kann.
Sich nicht von der eigenen Angst beherrschen lassen
Was uns dabei bei unseren Vorhaben am häufigsten im Weg steht – auch wenn das oft nicht so aussieht oder zum Tabu-Thema erklärt wird – ist Angst. Sie ist das vorherrschende Handlungsmotiv. Angst vor künstlicher Intelligenz, Angst um den Job, Angst vor Statusverlust und sozialem Abstieg, Angst vor dem Chef, Angst vor Fehlern und dem Versagen, Angst vor Kontrollverlust, Angst vor Vertrauensmissbrauch, Angst vor dem Chaos, wenn Hierarchien abgebaut werden.
Angst wird sehr gerne verbreitet, denn ängstliche Menschen lassen sich leichter beherrschen. Angst betoniert das Gestrige, beutet aus, spinnt Lügengewebe und hält rüde Obrigkeiten an der Macht. Sie macht die Menschen für Populisten und Bauernfänger empfänglich. Denn, wenn Angst im Spiel ist, sind Fakten egal. Die Logik wird ausgeblendet und das Denken versagt. So verhindert Angst den Erfolg.
Ich möchte betonen, dass Angst als lebensrettendes Warnsystem unentbehrlich ist. Sie hat sowohl körperlich spürbare Effekte als auch seelische Konsequenzen. Manchmal manifestiert sie sich nur als milde Beunruhigung oder Besorgnis, manchmal als Erschütterung des gesamten Selbst.
Die Sache mit der Angst
Angst setzt zerebrale Mechanismen in Gang, die rationales Denken nahezu unmöglich machen. Sie sorgt auch dafür, dass wir für rationale Argumente nicht mehr zugänglich sind. Zudem führt Angst zu einer massiven Verengung des Aufmerksamkeitsfeldes, dem berüchtigten Tunnelblick. Eine angemessene Urteilsbildung ist nicht mehr möglich. In Momenten höchster Not können nur noch Routinen abgespult werden. In Urzeiten war dieser Mechanismus sinnvoll, denn langes Nachdenken im Augenblick der Gefahr und Ablenkung durch Details wurde schnell mit dem Leben bezahlt.
Mit Angst im Nacken laufen wir zwar schneller, aber nur ein ganz kurzes Stück. Danach sind wir vollkommen ausgepowert. Unablässiger Druck und das Androhen von Argem versetzen den Körper in permanente Alarmbereitschaft, mindern seine Leistungskraft und ruinieren die Gesundheit. Der Dauerbeschuss von Stresshormonen unterdrückt auch die körpereigenen Abwehrkräfte, schwächt unser Immunsystem und macht uns krank. Ist Arbeit also mit Angst besetzt, ist das quasi eine Art von Körperverletzung. Selbst gewählt wohlgemerkt, denn wir können sie ja jederzeit umgestalten oder verlassen.
Traurige Anlässe des Abschiednehmens
Natürlich haben wir nicht auf alles Einfluss in unserem Leben. Tod und Schicksal sind Einschnitte in unserem Leben, die passieren. Sie sind nicht planbar und manchmal für uns unverständlich. Auf Warum-Fragen finden wir keine Antworten. Wir trauern – und das ist auch gut so.
Wichtig dabei ist die Zeit, die wir uns geben. Alles Traurige zu verarbeiten dauert seine Zeit und jeder lebt in einem anderen Zeitmesser. Es kostet wesentlich mehr Energie, sich dagegen zu stellen, mehr Zeit und Lebensfreude. Es verhindert kreatives Wachstum. Bis unser Verstand das akzeptiert hat, was da passiert ist, dauert es eine Weile. Bis man sich wieder mehr mit dem Pro als mit dem Kontra beschäftigt. Langsam werden wir Schritt für Schritt wieder offener und damit ideenreicher. Wir werden agiler und können wieder zur Tat schreiten. Die Dinge gehen endlich lockerer und leichter von der Hand. Wieder optimistischer geprägt sehen wir vor allem die Chancen und kommen über unsere eigenen Hürden schneller hinweg. Wir sollten also nicht nur selbst den Druck rausnehmen nach einem schmerzvollen Abschied, sondern uns auch bei anderen mit unseren guten Ratschlägen zurückhalten. Es gibt hier keine Abkürzungen.
Das Beste kommt zum Schluss
Sich sicher zu fühlen gehört zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen. Erst, wenn wir keine Angst mehr spüren und unser Geist nicht durch Sorgen vernebelt ist, sind wir bereit für den Wandel und laufen zu Höchstleistungen auf. Grund genug also alles, das uns Angst macht und uns nicht gut tut, über Bord zu werfen. Vertrauen sie sich! Trauen sie sich! Es wird belohnt.
Nehmen Sie sich einmal konkret vor, was Sie sich für 2020 wünschen.
- Was soll unbedingt so bleiben?
- Was muss sich aus Ihrer Sicht unbedingt ändern.
Und denken Sie daran, Sie haben mehr Einfluss auf das Geschehen als Sie denken! Misten Sie Ihre Energiediebe endlich aus.
Teilen liegt im Trend. Jobsharing als Anregung
Und falls Sie sich dabei alleine fühlen; denken Sie out oft the box. Sie müssen nicht immer alles alleine bewältigen. Wir teilen unser Auto, unsere Wohnung und unseren Schreibtisch mit anderen. Aber unseren Job? Jobsharing wird häufig als „Mama-Modell“ abgestempelt, dabei kann es weit mehr sein. Eine Studie zeigt erstmals konkrete unternehmerische Mehrwerte dieses Arbeitsmodells auf.
In der Diskussion um die Zukunft der Arbeit, angetrieben von den Megatrends Digitalisierung und demographischer Wandel, spielen neue Modelle der Arbeitszeitgestaltung und -organisation eine entscheidende Rolle. Dabei kann das Jobsharing – auch bekannt als Topsharing, Co-Sharing oder Shared Leadership – ein Modell sein, um den Anforderungen von Unternehmen und Arbeitnehmern gleichermaßen gerecht zu werden. Das beweist die Studie „Ich arbeite ganz anders und besser als früher“, die das Berliner Beratungsunternehmen The Jobsharing Hub, die Daimler AG und das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) gemeinsam durchgeführt haben. Sie zeigt Praxis und Potentiale von Jobsharing in Unternehmen und untersucht erstmals in dieser Größenordnung das Arbeitsmodell, bei dem sich zwei in Teilzeit arbeitende Personen in einem Tandem eine Führungsposition oder eine anspruchsvolle Expertenposition teilen.
Mit großem Erfolg, sagt Svenja Christen: „Jobsharing ist eine durchaus alte Idee, die allerdings bisher immer noch relativ wenig verbreitet und dementsprechend auch kaum erforscht ist“. Dabei bietet gerade dieses Arbeitsmodell die Möglichkeit, sowohl messbare Mehrwerte für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer zu schaffen. Das beweist unsere Studie, die zahlreiche Argumente dafür liefert, dass sich Unternehmen stärker mit dem Thema Jobsharing befassen sollten.“ Teilen als Grundlage für Kreativität und gesundem Selbstmanagement ist als Grundgedanke für Andersdenkende ein wirklich innovativer Ansatz und wird in vielen Unternehmen bereits erfolgreich umgesetzt. Die Angst vor Neuem abzulegen lohnt sich also häufig – sowohl privat als auch beruflich.