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Schluss mit lustig: Die Causa Corona. Ein Weckruf!

von | 18 Mrz 2020 | WENDEPUNKT

Aus der Perspektive meiner Arbeit – achtsame Lebensweise – ist Corona ein globaler Weckruf an unsere Gesellschaft.

Gretas Anliegen wurden schneller umgesetzt als je gedacht. Die Anti-Corona Maßnahmen und die damit verbundenen Verhaltensänderungen haben in nur wenigen Wochen mehr positive ökologische Effekte erzielt, als es die ganze Klimaschutzbewegung der letzten Jahrzehnte vermochte. Weniger Reisen und weniger Flüge bedeuten weniger CO2-Emissionen. Weniger Industrie und weniger Wirtschaftsleistung bedeuten auch weniger Feinstaubbelastung.

Saubere Luft dank Corona – klingt paradox, ist aber so!

Mir ist bewusst, dass wir uns gerade in einem Ausnahmezustand befinden, den es so noch nie gegeben hat. Nichts scheint mehr selbstverständlich. Prioritäten müssen überdacht werden – unsere eigenen, aber auch gesamtgesellschaftlich. Es ist wichtiger geworden, mehr in unsere körperliche und geistige Gesundheit zu investieren.

Richtig angenehm ist das alles nicht, teils sogar tragisch, denn das Virus hat bereits viele Menschenleben gefordert und ihnen sowie allen Angehörigen gehört mein aufrichtiges Mitgefühl.

Und trotzdem möchte ich versuchen, einen anderen Blickwinkel auf die Causa Corona einzubringen. Keinesfalls, um die Ernsthaftigkeit der Lage in Frage zu stellen, sondern um zusätzliche Ansatzpunkte und Perspektiven im Sinne einer positiven Bewältigung der Krise zu bieten.

Selbstfürsorge in der Krise

Ich übe mich gerade darin, jeden Tag einen guten Aspekt in dem gefühlten Chaos zu sehen. Vielleicht hilft mir die positive Assoziation zum gleichnamigen Getränk, die ich habe. Nein, Spaß beiseite, es sind eher die regelmäßigen Telefonate mit meinen Eltern, die durch Gespräche wieder in einen beruhigten Modus zurückfinden. Oder die 15.000 Schritte, die ich jetzt endlich schaffe täglich zu gehen. Ich habe in der Zwischenzeit sehr viele spannende Artikel und Interviews gehört und gelesen und einen guten Austausch mit meinen Freunden und Kunden gehabt. Mein persönliches Fazit bisher: Wir lernen endlich Selbstfürsorge.

Das ist sonst das Dauerbrennerthema in meinen Coachings und nun wird es einfach so umgesetzt. Die meisten achten viel besser auf ihren Körper und auf das Immunsystem. Auch wenn die leeren Nudelregale in den Supermärkten was Anderes erzählen, ernähren sich viele gesünder oder stärken sich an der frischen Luft. Das herrliche Frühlingswetter tut dafür natürlich sein Übriges. Corona lehrt uns aktive Selbstfürsorge und Selbstverantwortung. Wir lernen, unsere Gesundheit zu unterstützen und achtsam mit unserem Körper umzugehen. Vielleicht auch Grenzen zu ziehen und Dinge nicht zu tun, die uns oder anderen schaden könnten. Wir schützen uns und andere und übernehmen Verantwortung.

Eine Pandemie als Meisterprüfung für die persönliche Krisenresilienz

Corona bietet außerdem die perfekte Bühne, verschiedene Ängste zu durchleben. Was löst eine sich ausbreitende Pandemie in einem aus? Ist es die Angst vor der Krankheit oder die Angst vor dem Tod? Vor Unfreiheit, vor Kontrollverlust oder vor Machtlosigkeit? Das sind alles reale Ängste. Real im Sinne von: Sie haben schon immer in uns existiert, oft unbemerkt, bis wir etwas erleben, das sie wachkitzelt.

Krisenzeiten bringen diese Ängste hervor und schärfen unser Bewusstsein für sie. Meine Krisen mit Burnout und Co. haben mich gelehrt: Ich kann mich noch so anstrengen, ich bin machtlos gegenüber dem was außen geschieht. Ich kann es nicht kontrollieren. Das einzige, was ich kontrollieren kann sind meine Wahrnehmung und mein Verhalten. Und für diese Selbsterkenntnis bin ich sehr dankbar!

Unsere Beziehung zur Welt neu definieren

Wir hatten uns schon daran gewöhnt, die Grippewellen zu ignorieren. Die Konfrontation mit diesem neuartigen Virus lehrt uns wieder, unsere Sterblichkeit anzunehmen und damit auch unsere Beziehung zur Welt und zur Natur von Grund auf neu zu gestalten. Mit mehr Demut, mit mehr Vertrauen und Hingabe. Es steht eben nicht alles unter unserer Kontrolle. Und stand es auch noch nie. Wir wachen jetzt aus unserer Pseudo-Sicherheit auf.

Was wir dadurch lernen können ist, innere Stabilität zu gewinnen. Sicherheit und Geborgenheit in uns selbst zu finden. Wir dürfen über unsere Ängste hinauswachsen und uns der Kraft in unserem Innersten zuwenden. Verfallen wir in Panik oder bleiben in unserer Mitte? Verkrampfen wir oder halten wir unser Herz offen? Flippen wir schon aus oder atmen wir noch ruhig? Corona ist die Meisterprüfung für persönliche Krisenresilienz! Auch ich arbeite daran gerade auf Hochtouren. Ich bin mehr als gefordert.

Was wirklich wichtig ist! Prioritäten setzen

So besinnlich wie gerade ging es bislang ja nicht mal zu Weihnachten zu! Innerhalb weniger Tage haben wir das öffentliche Leben drastisch reduziert und einige Gänge runtergeschaltet. Wir steigen aus der Hektik des Alltags aus – dem ewigen Streben nach mehr. Viele Tätigkeiten sind auf einmal obsolet geworden oder erscheinen schlichtweg nichtig. Wir haben die Gesundheit und das Leben zur obersten Priorität erklärt, selbst die Wirtschaft ist jetzt nachrangig.

Eine Hochzeit für das menschliche Miteinander

Wir erfahren Entschleunigung und haben plötzlich Zeit darüber nachzudenken, was uns wirklich wichtig ist oder was wir mit unserer Zeit anfangen wollen. Keine Ablenkungen mehr. Voller Fokus auf das Leben im Hier und Jetzt! Ist das nicht schön? Nicht mal der Konsum juckt uns mehr. Gut, irgendwas mit Hamster muss auch bleiben: Statt des Hamsterrads gibt es jetzt Hamsterkäufe, aber selbst die Hamsterkäufer besinnen sich ganz auf das Wesentliche: Hygieneartikel statt Luxusartikel. Essen statt Fashion.

Mutter Erde darf verschnaufen

Die Anti-Corona Maßnahmen und die damit verbundenen Verhaltensänderungen haben in nur wenigen Wochen mehr positive ökologische Effekte erzielt, als es die ganze Klimaschutzbewegung der letzten Jahrzehnte vermochte. Dass der Corona-Lockdown mehr Leben durch die reduzierte Luftverschmutzung retten könnte, als durch die Reduktion der Infektionen sei mal so dahingestellt. Ob neben unserer Atmosphäre künftig auch die Wildtiere Nutznießer von Corona sein werden, wird sich erst zeigen, bleibt aber zu hoffen. In China wurden strenge Verbote gegen den Handel mit Wildtieren erlassen. Ein großer Schritt in die richtige Richtung, aber Mithilfe intensiver Aufklärungsarbeit muss es nun noch gelingen, eine Verlagerung in den Schwarzmarkt einzudämmen.

Der Ruf nach resilienten und lokalen Wirtschaftsstrukturen wird lauter

Corona macht uns eine Sache radikal bewusst: In einer globalisierten Welt, in der alles vernetzt ist, kann nichts mehr isoliert betrachtet werden. Alles, was in China passiert, betrifft uns nun auch hier und umgekehrt. Die globalen Abhängigkeiten sind massiv geworden und das macht das System anfällig für Störungen. Ein globaler Virus zeigt, wie die vernetzte Wirtschaft funktioniert, von der viele von uns abhängen. Und wie schnell eine Talfahrt beginnen kann.

Es ist davon auszugehen, dass kleinteilige, regionale Wirtschaftskreisläufe weitaus resilienter und krisensicherer sind, da sie eigenverantwortlich gemanagt werden. Corona kann hier eine Einladung sein, solche Strukturen aufzubauen, zum Beispiel bei Lebensmitteln in Form von Gemeinschaftsgärten, Food-Coops oder Community Supported Agriculture. In anderen Bereichen durch den Ausbau autarker Energiesysteme, die Förderung von Nachbarschaftshilfe oder Kleidertauschkreisen. Wir könnten dadurch viel gewinnen: Nicht nur Stabilität im Wirtschaftssystem, sondern auch Lebensqualität, denn Verbundenheit und erfahrene Sinnhaftigkeit machen uns nachweislich glücklicher als für irgendwelche Konsumgüter zu schuften. Ich meine, dass ein Großteil der jungen Generation das auch längst begriffen hat.

Was auf einmal möglich ist, wenn man nur will

Für mich hat Corona gezeigt: Wenn wir müssen, dann geht es auch! Auf einmal sind Maßnahmen zur Eindämmung potenzieller Gefahren ganz einfach und gehen wunderbar schnell. Heute tagt der Krisenstab, morgen sind schon die Lösungen am Teller. Wer hätte das gedacht. Ich jedenfalls nicht. Und die Bevölkerung spielt auch richtig gut mit. Da fragt man sich schon, was hat Corona, was der Klimawandel nicht hat? Es sterben Menschen in unserem nahen Umfeld daran.

Was wir jetzt aber auf jeden Fall gesehen haben ist, dass es geht, wenn wir nur wollen! Wir wissen jetzt, dass sich die Menschen ändern können. Wir wissen jetzt, dass die Gesellschaft zusammen für ein Ziel eintreten und entsprechende Maßnahmen umsetzen kann, dass es ok ist, wenn die Wirtschaft mal nicht an erster Stelle steht. Und das alles ist eine sehr wichtige gesellschaftliche Erfahrung!

Mein persönliches Resümee

 Ich gebe zu, was mir am meisten ausmacht, ist die gefühlte Freiheitsberaubung. Denn Freiheit ist mein höchster Wert. Aber ich kann auch gut annehmen, dass es ist wie es ist. Während wir alles dafür tun, eine großflächige Verbreitung und zusätzliches Leid einzudämmen, öffnet sich gleichzeitig ein einmaliges Window-of-opportunity, das wir im Sinne der Prävention und ebenfalls im Sinne eines tiefgreifenden, gesellschaftlichen Wandels nutzen können und sollten. Endlich aus dem kollektiven Burnout erwachen und nach der Erholung zum Business-as-usual zurückkehren? Das wäre dumm. Wir wissen doch schon längst, dass ein unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten nicht funktioniert. Ich hoffe, wir verstehen und beginnen unsere Systeme unserem verankerten Denken anzupassen.

Wir haben die Wahl

Wir können uns jetzt für neue Wirtschaftssysteme und Lebensmodelle entscheiden, die wir zwar erst wenig kennen, in denen aber die fundamentalen Rahmenbedingungen für die Regeneration globaler Ökosysteme und für ein gutes Leben für alle liegen. Corona ist – bei allem Respekt gegenüber dem Leid, dass es verursacht – auch einen Weckruf, neue Wege einzuschlagen, regenerative Kulturen aufzubauen, regionale Wirtschaftskreisläufe zu schließen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Leben fördern anstatt es zu sabotieren und zu boykottieren!

Anke Nennstiel

Anke Nennstiel

Mein Plog und Podcast ist ein Herzensprojekt von mir. Und wie Sie sich sicher denken können, gab es in meinem Leben mindestens einen großen Wendepunkt. Er hat mich nach 20 Jahren Managementerfahrung bei RTL-Television letztendlich hierhin geführt. Ihm verdanke ich das wunderbare Leben, dass ich heute führe. Ich unterstütze Menschen leidenschaftlich gerne dabei, ihre eigenen Wendepunkte – ob freiwillige oder unfreiwillige – für sich zu nutzen.

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