Grundhaltung: Die wichtigsten Regeln zuerst
1. Bedürfnisse des Betroffenen stehen im Mittelpunkt
Die wichtigste Regel überhaupt: Was braucht der Mensch in der Krise gerade? Oft wollen Betroffene gar nicht über das eigentliche Thema sprechen – und das ist völlig okay. Respektiere das.
2. Ehrlichkeit schlägt Perfektion
Wenn Du nicht weißt, was Du sagen sollst, kommuniziere genau das ehrlich: „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, aber ich bin da.“ Authentizität hilft mehr als perfekte Worte – je echter du bist, desto hilfreicher ist es für den anderen.
3. Rolle klären, Missverständnisse vermeiden
Frage dich vor jedem Gespräch: In welcher Funktion spreche ich gerade? Als Freund:in, Kolleg:in, Führungskraft oder Angehörige:r? Diese Klarheit hilft beiden Seiten und vermeidet Verwirrung.
Gesprächsführung: Wie du ins Gespräch kommst
4. Rituelle Floskeln sind erlaubt
„Mein Beileid“ mag sich einstudiert anhören, aber durch die Ritualisierung ist es trotzdem hilfreich. Lass Dich nicht von der vermeintlichen Belanglosigkeit abhalten – Rituale geben Halt.
5. Konkrete Angebote statt offene Fragen
Schlecht: „Melde dich, wenn du was brauchst.“
Besser: „Darf ich dir eine Suppe kochen?“, „Soll ich Musik anmachen?“ oder „Ich komme morgen um 15 Uhr vorbei und bringe Kaffee mit.“ Konkrete Vorschläge sind leichter anzunehmen.
6. Eigene Erfahrungen teilen schafft Verbindung
Das Teilen eigener Erfahrungen kann Verbundenheit schaffen, auch wenn Du den individuellen Schmerz nicht nehmen kannst. Es zeigt: „Du bist nicht allein mit dem, was Du durchmachst.“
Alternative Wege: Wenn Reden schwerfällt
7. Nutze verschiedene Kommunikationskanäle
Jeder Mensch ist anders: Wer gerne schreibt, sollte schreiben. Wer tanzt, sollte tanzen. Wer draußen Kraft schöpft, sollte in die Natur gehen. Alternative Wege ins Gespräch:
- Musik: Gemeinsam hören oder darüber sprechen
- Bewegung: Spazieren, tanzen, Sport
- Bibliotherapie: Gedanken und Gefühle aufschreiben
8. Proaktiv bleiben, auch bei Zurückweisung
Mache immer wieder Gesprächsangebote, auch wenn der andere sich nicht öffnet. Viele Betroffene ziehen sich zurück, brauchen aber trotzdem das Gefühl, dass jemand da ist. Gib nicht auf.
Praktische Hilfe: Was wirklich unterstützt
9. Struktur durch „Traueraufgaben“ geben
In der ersten Phase helfen konkrete Aufgaben beim Bewältigen des Alltags, z.B. Behördengänge organisieren, Bestattung planen, Termine koordinieren, Angehörige informieren. Diese „Traueraufgaben“ geben Halt und Struktur im Chaos.
10. Auf Selbstfürsorge achten (auch bei dir selbst)
Frage dich regelmäßig: Was gibt mir Kraft, was raubt sie mir? Nur wenn Du selbst stabil bist, kannst Du anderen helfen. Hole Dir Unterstützung, wenn Du sie brauchst.
⚠️ Was du auf keinen Fall tun solltest:
- Ratschläge geben („Du musst jetzt…“)
- Vergleiche ziehen („Mir ging es damals genauso…“)
- Zeitdruck machen („Es wird schon wieder…“)
- Den Schmerz kleinreden („Sei doch froh, dass…“)
- Aufgeben, wenn jemand sich zurückzieht